Was ist ein Sicherheitsventil?

Abbildung 1: Sicherheitsventil
Ein Sicherheitsventil schützt ein System vor Überdruck. Überdruck tritt auf, wenn der Druck des Systems den maximal zulässigen Betriebsdruck (MAWP) oder den Druck, für den das System ausgelegt ist, überschreitet. Ein Sicherheitsventil öffnet sich ab einem bestimmten Druck; das Ventil öffnet sich zunächst ein wenig, dann vollständig, damit der unerwünschte Druck so schnell wie möglich aus dem System abgelassen wird.
Diese Ventile verhindern Druckanstiege, die zu Fehlfunktionen, Brandgefahr oder Explosionen führen können. Das Medium des Systems betätigt ein Sicherheitsventil vollständig und hält es auch bei einem Stromausfall funktionsfähig. Sicherheitsventile haben nur mechanische Teile, die funktionieren, wenn elektronische oder pneumatische Sicherheitseinrichtungen versagen.
Inhaltsverzeichnis
- Wichtige Terminologie
- Federmechanismus-Sicherheitsventil
- Auswahlkriterien
- Anwendungen
- Symbol für Sicherheitsventile
- Zertifizierungen für Sicherheitsventile
- Drucksicherheitsventil vs. Überdruckventil
- FAQs
Wichtige Terminologie
- Überdruck: Überschüssiger Druck über dem Einstelldruck des Sicherheitsventils.
- Betriebsdruck: Der Druck, bei dem das System unter normalen Betriebsbedingungen arbeitet.
- Einstelldruck: Der Druck, bei dem sich die Scheibe des Sicherheitsventils zu heben und zu öffnen beginnt.
- Hub: Die Strecke, die die Scheibe von der geschlossenen Position bis zur für den Ablass erforderlichen Position zurücklegt.
- Gegendruck: Der Druck, der sich während des Durchflusses am Auslass des Sicherheitsventils aufbaut. Gegendruck = Aufgebauter Gegendruck + Überlagerter Gegendruck.
- Aufgebauter Gegendruck: Der Druck am Auslass, wenn sich das Sicherheitsventil öffnet.
- Überlagerter Gegendruck: Der Druck am Auslass eines geschlossenen Sicherheitsventils.
- Maximal zulässiger Betriebsdruck (MAWP): Der maximal zulässige Druck bei einer bestimmten Temperatur unter normalen Betriebsbedingungen. MAWP ist der maximale Druck, den die schwächste Komponente des Systems aushalten kann.
- Abblasdifferenz: Die Differenz zwischen dem Druck, bei dem sich die Scheibe hebt, und dem Druck, bei dem sich das Ventil schließt. Die Abblasdifferenz wird in der Regel als Prozentsatz ausgedrückt.
- Abblaskapazität: Die Rate, mit der das Sicherheitsventil überschüssigen Druck ablassen kann.
Federmechanismus-Sicherheitsventil
Der häufigste Typ von Sicherheitsventilen ist ein federbelastetes oder direkt wirkendes Sicherheitsventil. Ein Vorteil dieses Typs ist, dass er für Druckbereiche von etwa 1 bis 1400 bar erhältlich ist. Der Mechanismus besteht aus folgenden Komponenten:
- Expansionskammer: Die Expansionskammer (Abbildung 2, gekennzeichnet mit A) vergrößert die Oberfläche, gegen die das Medium des Systems drückt, um das Sicherheitsventil zu öffnen, wodurch es sich schnell öffnen kann.
- Feder: Die Steifigkeit der Feder (Abbildung 2, gekennzeichnet mit B) bestimmt, bei welchem Druck das Medium des Systems das Ventil zu öffnen beginnen kann.
- Scheibe: Die Scheibe (Abbildung 2, gekennzeichnet mit C) sitzt auf der Düse und bewegt sich auf und ab, um den Durchfluss durch das Sicherheitsventil zu ermöglichen oder zu verhindern.
- Düsenring: Der Düsenring (Abbildung 2, gekennzeichnet mit D) beeinflusst den Druck, bei dem die Scheibe wieder aufsitzt. Eine hohe Einstellung kann dazu führen, dass die Scheibe zu spät aufsitzt, während eine niedrige Einstellung dazu führen kann, dass sich die Scheibe zufällig öffnet und schließt, wenn sie es nicht sollte.
- Düse: Die Düse (Abbildung 2, gekennzeichnet mit E) steuert die Oberfläche der Scheibe, mit der das Medium interagiert, bevor sich das Ventil öffnet. Dies bewirkt, dass das Medium gegen eine größere Oberfläche wirkt, wenn sich das Ventil öffnet, wodurch die auf die Scheibe wirkende Kraft erhöht und die Scheibe schnell geöffnet wird.

Abbildung 2: Sicherheitsventil mit Federmechanismus: Expansionskammer (A), Feder (B), Scheibe (C), Düsenring (D) und Düse (E).
Das Gleichgewicht zwischen der Federkraft eines Sicherheitsventils und der Eingangskraft steuert das Öffnen und Schließen des Ventils. Der Eingangsdruck und die Oberfläche der Scheibe, mit der das Medium interagiert, bestimmen die Eingangskraft. Nach dem Pascal'schen Gesetz ist die Kraft gleich dem Produkt aus Druck und Fläche. Daher nimmt die Kraft zu, wenn die Fläche der Scheibe, mit der das Medium interagiert, größer wird.
Die wichtigste Eigenschaft von Sicherheitsventilen ist, dass sie sich schnell vollständig öffnen, um in kürzester Zeit die maximale Abblaskapazität zu erreichen. Dies ist möglich, weil die Scheibe des Ventils einen größeren Durchmesser hat als die Düse. Sobald der Eingangsdruck hoch genug ist, hebt sich die Scheibe. In diesem Moment wird die Oberfläche der Scheibe, die das Medium erreichen kann, größer. Dies führt zu einer Eingangskraft, die viel größer ist als die Federkraft, und das Ventil öffnet sich vollständig.
Es gibt spezielle Ausführungen von Sicherheitsventilen für inkompressible und kompressible Medien sowie Gase/Dämpfe. Sicherheitsventile für Gase und Dämpfe öffnen sich oft, bevor der Einstelldruck erreicht ist, und öffnen sich beim Ansprechdruck mindestens zu 50% des Hubs (siehe Abbildung 3). Sicherheitsventile dieses Typs haben einen erheblichen Nachteil: Sie sind sehr anfällig für Gegendruck, was die Sicherheit des Ventils negativ beeinflussen kann.

Abbildung 3: Sicherheitsventilmechanismus für Gase und Dämpfe (links): Düsenring (A) und Strömungsmuster (B). Abblascharakteristik eines Sicherheitsventils für Gase und Dämpfe (rechts): Einstelldruck (1) und Hub (2).
Auswahlkriterien
Um Ihr System vor Überdruck zu schützen, ist es wichtig, die fünf unten aufgeführten Auswahlkriterien zu verstehen. Bitte lesen Sie unseren technischen Artikel zur Auswahl von Sicherheitsventilen, um diese Kriterien besser zu verstehen:
- Einstelldruck
- Gegendruck
- Abblaskapazität
- Betriebstemperaturen
- Ventil- und Dichtungsmaterial
Anwendungen
Der Zweck eines Sicherheitsventils ist in erster Linie der Schutz vor Überdruck in industriellen Anwendungen, der zu gefährlichen Situationen wie Bränden oder Explosionen führen kann. Industrielle Sicherheitsventile findet man oft in:
- Öl-, Gas- und Erdölindustrie: Zum Beispiel sind Untertage-Sicherheitsventile oder Downhole-Sicherheitsventile bei Offshore-Ölbohrungen üblich. Im Falle einer Fehlfunktion der Ausrüstung kann ein Sicherheitsventil schnell schließen, um zu verhindern, dass Öl und Gas unter unsicheren Bedingungen aus dem Bohrloch strömen.
- Energiesektor: Sicherheitsventile in Kraftwerken sind üblich für kompressible Gase wie Dampf und Luft.
- Sanitärbereich: Edelstahl-Sicherheitsventile sind ideal für Branchen, die sanitäre Bedingungen erfordern. Zum Beispiel in der Lebensmittel-, Getränke- und Pharmaindustrie.
- HVAC: Sicherheitsventile entlasten den Druck bei blockiertem Auslass, thermischer Ausdehnung oder äußerer Hitze, die die Komponenten beschädigen können.
Symbol für Sicherheitsventile

Abbildung 6: Verschiedene Symbole für Sicherheitsventile
Zertifizierungen für Sicherheitsventile
Sicherheitsventile müssen verschiedene nationale und internationale Standards für Sicherheit und Qualität erfüllen. Um sicherzustellen, dass das Produkt den Vorschriften entspricht, konsultieren Sie bitte die lokalen Standards.
TÜV
Die TÜV-Zertifizierung bewertet die Sicherheit eines Produkts. Sie überprüft, ob es die Mindestanforderungen der Druckgeräterichtlinie (PED) 2014/68/EU erfüllt. Die PED legt die Standards für die Konstruktion und Herstellung von Druckgeräten wie Druckentlastungsvorrichtungen, Dampfkesseln, Rohrleitungen und Druckbehältern fest, die bei einem maximal zulässigen Druck von mehr als 0,5 bar betrieben werden.
ASME
Die ASME (American Society of Mechanical Engineers) gewährleistet die Spezifikation und Akkreditierung von Druckbehältern, Kesseln und Druckentlastungsvorrichtungen.
ISO 4126
Die Norm ISO 4126 ist eine allgemeine Spezifikation für Überdruckventile, unabhängig vom Medium der Anwendung.
Drucksicherheitsventil vs. Überdruckventil
Drucksicherheitsventile und Überdruckventile haben wichtige Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
- Gemeinsamkeiten: Beide Ventiltypen sind Sicherheitseinrichtungen, die sich bei einem bestimmten Druckniveau automatisch öffnen, um Überdruck in einem System zu verhindern.
- Unterschiede: Drucksicherheitsventile sind so konstruiert, dass sie sich schnell öffnen und den Druck rasch ablassen. Überdruckventile öffnen sich allmählicher, um den Druckabfall im System zu kontrollieren. Überdruckventile sind Teil des normalen Betriebs.
Erfahren Sie mehr in unserem umfassenden Vergleichsartikel zu Drucksicherheits- und Überdruckventilen.
FAQs
Was macht ein Sicherheitsventil?
Ein Sicherheitsventil reduziert schnell den Druck eines Systems, wenn dieser auf ein unsicheres Niveau ansteigt. Das Sicherheitsventil arbeitet weiter, bis der Systemdruck auf ein sicheres Niveau zurückgekehrt ist.
Was ist der Unterschied zwischen einem Überdruckventil und einem Sicherheitsventil?
Ein Überdruckventil wird den Betrieb nachgeschalteter Komponenten nicht sofort unterbrechen, während ein Sicherheitsventil dies tut.
Welche Arten von Sicherheitsventilen gibt es?
Häufige Arten von Sicherheitsventilen sind direkt wirkende, vorgesteuerte und balancierte Faltenbalg-Sicherheitsventile.
Was ist ein ASME-Sicherheitsventil?
Ein ASME-Sicherheitsventil erfüllt die Anforderungen des ASME-Druckbehältercodes, Abschnitt I. Diese Ventile müssen eine große konstante Durchflussrate bei nicht mehr als 10% Überdruck haben.